Lieber Leser,

Morbus Kobold lässt Sie sich vor Schmerz zusammenkrümmen – auch wenn Sie selbst gar nicht von dem Krankheitsbild betroffen sind. Seien Sie also gewarnt und lesen Sie mit Bedacht weiter!

Die Erstbeschreibung von Morbus Kobold, an dem meist alleinstehende Männer leiden, geht auf die Dissertation des Urologen Michael Theimuras Alschibaja von der Technischen Universität München aus dem Jahr 1978 zurück. Die namensgebende Ursache der Erkrankung ist unterdessen bereits seit 1929 bekannt – elektrische Handstaubsauger der Marke „Kobold“ der Vorwerk SE & Co. KG. Das Besondere an ihnen: ihre spezielle Bauform. Von anderen Staubsaugermodellen unterscheidet sich der Vorwerk-Kobold dadurch, dass sich sein Motor nicht zusammen mit dem Staubbeutel in einem wuchtigen Motorgehäuse befindet, sondern am unteren Ende eines Stieles direkt über der Saugdüse verbaut ist. Damit entfällt der übliche, ein bis zwei Meter lange Verbindungssaugschlauch zwischen Motor und Saugdüse. Die Saugwirkung ist dank dieses außergewöhnlichen Designs verbessert – nicht ohne Konsequenzen: Entfernt man(n) die Saugdüse, so trennt nur noch ein elf Zentimeter langer und 3,2 Zentimeter durchmessender Ansaugstutzen die Ansaugöffnung des Staubsaugers vom Saugvibrationen erzeugenden Motor.

Hmm, eine elf Zentimeter lange und drei Zentimeter breite Saugöffnung also?

Ja, lieber Leser oder liebe Leserin, Sie liegen richtig.

Auf diese Idee kamen schon andere vor Ihnen. Doch was sie erst übersahen und dann binnen Millisekunden bereuten: Der Kobold-Motor erzeugt seine Saugwirkung mittels eines Propellers, der am Ende des Ansaugstutzens mit einer Nenndrehzahl von 14.000 Umdrehungen pro Minute rotiert.

Wenig überraschend lautet der Titel von Michael T. Alschibajas Dissertation und Erstbeschreibung „Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern“. Denn tatsächlich hinterlässt ein hochtouriger Propeller erhebliche Spuren am Weichteilgewebe – egal wie reaktionsschnell sein Betreiber auch sein mag. Alle 15 Fallbeispiele der Dissertation beinhalten ähnliche Traumata (Empfindliche Leser mögen den Rest dieses Absatzes überspringen): „Zerfetzung der Vorhaut und multiple tiefe Risswunden an der Eichel, teils mit erheblichen Gewebsdefekten“, „nach hinten abgerissenes Vorhautbändchen“, „vollkommen abgelederte Haut am Penisschaft“, „zerrissene und stark blutende Schwellkörper“, „Eichel und Penisschaft nur mehr auf einer Breite von einem Zentimeter verbunden“, „komplett durchgerissene Harnröhre“.

Bezeichnend für Morbus Kobold ist außerdem das Bemühen Betroffener, den Unfallhergang zu verschleiern. Sie erklären, sie seien „gestolpert und mit dem Penis auf ein Glas gefallen“, hätten sich „beim Reparieren einer Kaffeemühle versehentlich am Penis verletzt“ oder ihr Penis wäre „bei einer Rückenmassage aus Versehen in den Staubsauger geraten“. Masturbatorische Absichten weisen sie allesamt von sich.

Auch familiäre Ausprägungen der Erkrankung sind bekannt. So glaubte der Vater eines Betroffenen den Unfallangaben seines Sohnes nicht, beschuldigte ihn des Ehebruchs, führte die Penisverletzung auf eine Bisswunde zurück und stellte als Negativkontrolle den Tathergang mit seinem eigenen Staubsauger Marke „Kobold“ nach – mit identischen Konsequenzen.

Doch das medizinische Fachpersonal, das sich der zerschredderten Penisse annahm, erkannte die typische Art der Verletzung sofort: Staubsauger. Genaue Zahlen über deren Häufigkeit liegen indes nicht vor. Selbst nach Abheilung sind sie häufig noch an narbig verwachsenen Eicheln mit entsprechenden Sensibilitätsverlusten, Erektionsschwäche, Fehlmündungen der Harnröhre und mehrstrahligem Wasserlassen zu erkennen – auch Jahre später.

Der traditionsbewussten Firma Vorwerk erschien es unterdessen nur schwer vorstellbar, „dass deutsche Universitäten derartig abwegige Themen vergeben“. Von einer Unterlassungsklage gegen den Chaos Computer Club, der 1985 auf den vielfältigen Nutzen der Kobolde hinwies, ließ Vorwerk erst ab, als sich die Echtheit der Dissertation herausstellte – und änderte vorsichtshalber die Konstruktion ihres Modells „Kobold“.

Kennen auch Sie, lieber Leser oder liebe Leserin, auf den ersten Blick abwegige Themen von Bachelor-, Master-, Dissertations- oder Habilitationsprojekten? Senden Sie sie uns an hm@laborjournal.de? Wir würden uns freuen.

Ihr Henrik Müller/Laborjournal

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